#Essen statt vergessen. Cowfunding setzt auf den Schutz Alter Rassen – indem sie gegessen werden

Essen ist wie Demokratie. Du kannst dich jeden Tag wieder neu entscheiden, wen du unterstützt.“ Diesen Leitsatz kann man auf der Online-Plattform von Cowfunding lesen. Das Start-Up aus Freiburg betreibt eine Art Online-Solawi, auf der sich Kunden zusammenschließen können, um gemeinsam ein Tier (in Form von Fleischpaketen) zu finanzieren. Worum geht es dabei genau? Darüber habe ich mich mit Moriz Vohrer unterhalten, dem Gründer von Cowfunding.

weidefleisch

Links auf dem Foto steht Moriz Vohrer, rechts davon Landwirt Ewald Sandmann (und seine Vorderwäldern im Hintergrund) Bild: Cowfunding Freiburg

Moriz: Mit unserer Vetriebsform möchten wir jene unterstützen, die wirklich nachhaltig arbeiten: Kleinbauern, die mit der Zucht von alten Rassen auf Klasse statt Masse setzen.

TellerRand: Warum Alte Rassen? Bzw. was versteht man überhaupt darunter?

Moriz: Alte Nutztierrassen sind jene, die in jahrhunderte langer Züchtung für bestimmte Regionen herangezogen wurden und heute durch den Druck der Nahrungsmittelindustrie von wenigen Hochleistungsrassen verdrängt werden. Sie passen nur schwer in unser heutiges ökonomisches System. Sie wachsen nicht schnell genug, sie sind zu klein und darüber hinaus werden ihre ursprünglich wichtigen Eigenschaften wie z.B. Unterstützung beim Ackerbau nicht mehr gebraucht. Das Schlimme daran: Alle zwei Wochen stirbt eine dieser Nutztierrassen aus.

Alle 6 Wochen stirbt eine Nutztierrasse aus

TellerRand: Euer Motto lautet essen statt vergessen – Aber wenn wir sie essen, werden sie ja noch weniger!?

Moriz: Nur auf den ersten Blick. Denn wir unterstützen die Populationen der Tiere und die Landwirte, die mit Leidenschaft dahinter stehen. Durch einen nachhaltigen Konsum, also insgesamt weniger Fleisch essen, dafür aber von alten Rassen, wird die Nachfrage erhöht – und damit die Rassen erhalten, da sie aufgrund der erhöhten Nachfrage wieder vermehrt gezüchtet werden. Letzendlich ist das nicht nur ein Beitrag zur Biodiversität, sondern auch zum Schutz von Kulturgütern.

fleischatlas

Auch der Fleischatlas 2019* bestätigt auf S. 34/35 die These #essenstattvergessen.

TellerRand: Welche Tiere zählen denn so zu den alten Rassen?

Moriz: Hier im Schwarzwald ist es das Wäldervieh, also die Vorderwälder und die Hinterwälder. Sie sind perfekt an die rauhen Bedingungen im Scharzwald mit seinen langen Wintern und Steilhängen angepasst.

TellerRand: So eine Idee zu starten, ist sicher nicht immer einfach – was ist momentan eure dringendste Herausforderung?

Moriz: Ein Start-Up ist immer eine Herausforderung! (lacht). Aber im Ernst, momentan werden wir ganz konkret mit dem trockenen Sommer 2018 und dessen Folgen vor allem für die kleinen Landwirte konfrontiert. Aufgrund der schlechten Heuernte wurden letzen Herbst viele Tiere geschlachtet, weil nicht ausreichend Futter vorhanden war, um sie alle über den Winter zu bringen. Diese Tiere fehlen uns jetzt im Angebot. Das ist Klimawandel life… Es ist Zeit zum Handeln – wie gesagt, wir meinen, was wir schreiben: Essen ist wie Demokratie, jeder kann jeden Tag mit seinem Tun die Richtigen unterstützen!

Na dann, auf geht’s zur #foodrevolution! (und zur Europawahl ;-))

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Vorschau
Übrigens, beim nächsten Mal schaue ich sie mir mal genauer an, diese Hinterwälder …

Mehr efahren

  • Hier geht’s zur Seite von Cowfunding: www.cowfunding-freiburg.de
  • Und auch die Gesellschaft zum Erhalt alter und gefährdeter Haustierrassen hält ein breites Potpourri an Informationen bereit: www.g-e-h.de
  • * Fleischatlas: REZEPTE FÜR EINE BESSERE TIERHALTUNG – Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel. Hersg.: Heinrich-Böll-Stiftung, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Le Monde diplomatique (2019). www.boell.de/de/fleischatlas

 

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