Zuflucht Landidylle – mehr als zwei Seiten der Medaille

„Wieso gibt es sie eigentlich immer noch, diese romantische Vorstellung vom Bauern und seines Lebens auf dem Lande?“, wurde ich neulich gefragt. Nach Fipronil-Skandal und Co eigentlich eine gute Frage.

Mir stellte sich daraufhin zunächst eine ganz andere: Seit wann gibt es dieses Bild der Idylle denn überhaupt? Der Historiker Dr. Heinrich Schwendemann weiß in einem Interview mit Campus-TV die Antwort: Angefangen habe alles in der Epoche der Romantik. Im Laufe der Industrialisierung Anfang des 19 Jh. und der zunehmenden Verstädterung und dem harten Leben als FabrikarbeiterInnen wuchs das Bild des idyllischen Landlebens dann als Ideal im Gegensatz zum oft elenden Stadtleben heran.

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Und wie sieht es heute aus? Nimmt dieser alte Traum der Idylle in unserem heutigen Alltag nicht sogar immer mehr Raum ein? Gerade weil die Zeit des „modernen Menschen“ – gefühlt – immer weniger wird, weil der urbane Raum stetig wächst? Nicht umsonst erfreuen sich im Zeichen von Achtsamkeit und einem Trend „zurück zur Natur“ Zeitschriften aus diesem Genre größter Beliebtheit. Landlust, Landidylle, Happinez und Co schießen wie Pilze aus dem Kiosk-Boden – und erreichen eine wachsende Leserschaft. Mädels-Kram? Vielleicht – aber dann werfen wir doch mal einen Blick ins Kühlregal: Die lächelnde Schwarzwaldmaid, die glückliche Milch-Kuh, die Weite der Berge, Wiesen und Felder – mal ehrlich, greifen wir nicht alle lieber zu Produkten, die mit diesen Bildern beworben werden? Und tut nicht jeder Landwirt und jede Landwirtin zu Recht gut daran, dieses Image für den Produkt-Vertrieb oder z.B. auch die Vermietung von Ferienwohnungen aufrecht zu erhalten?

Ein Sauleben!?

Aber wie sieht es denn nun jenseits des Lebens auf der Milchverpackung aus, alles nur Image? Der extrem frühe Vogel fängt den Wurm, Diskussionen über Freizeitausgleich oder Lohnerhöhung kann man mit seinen Schweinen nicht führen, der Milchpreis sinkt. Sonntag, Geburtstag oder Weihnachten? Gibt’s nicht, die Tiere wollen gefüttert, der Stall muss ausgemistet, das Heu eingeholt werden. Ein Sau-Leben. „Wirklich?“, frage ich Barbara Sester. Sie ist mit ihren Geschwistern in den 60/70er Jahren auf dem Sesterhof in Gengenbach aufgewachsen und mittlerweile Geschäftsführerin des Badischen Landwirtschafts-Verlags: „Natürlich ist es ein von viel Arbeit geprägtes Leben, auch heute noch. Ich bin bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad den weiten Weg in die Schule gefahren, Taxi Mama gab’s nicht, die stand um die Zeit schon im Kuhstall. Meine Schwester genießt es trotz all der Arbeit sehr, Bäuerin zu sein und weiß, was sie daran hat. Bei ihr ist es vor allem die Tierliebe, die sie gerne als Bäuerin leben lässt. Auch wenn das damit verbunden ist, auch Tiere an den Metzger zu verkaufen. Aber auch das Leben mit den Jahreszeiten und die schöne Natur, die sich jedes Jahr aufs Neue auf den Feldern und im Garten manifestiert.“
Also weder Idylle noch Sauleben, aber von jedem ein bisschen. Zwei Seiten der Medaille reichen hier wohl nicht.

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Der Sesterhof © Barbara Sester

Den Blick für’s Wesentliche nicht verlieren

Aber zurück zum Anfang: Warum es die romantische Vorstellung des Landlebens (noch) gibt, ist also gar nicht so schwer zu verstehen – und muss gar nicht nur negativ behaftet sein. Abends auf dem Sofa mit einer landidyllischen Zeitschrift vom Alltag abschalten, den nächsten Ausflug oder Urlaub „raus auf’s Land“ buchen oder die gleichnamige TV-Serie anschauen – tut manchmal einfach gut. Entscheidend ist doch, dass wir nicht IMMER abschalten. Dass wir die glücklichen Hühner, Kühe und Schweine auf der Verpackung hinterfragen und dort einkaufen, wo wirklich auf das Tierwohl geachtet wird und wir uns, wenn wir möchten, persönlich davon überzeugen können: Ja, diesen Tieren ging es bis zum Bolzenschuss gut, sie hatten keinen Stress und keine Schmerzen. Und DAS ist keine Romantik, sondern gibt’s auch in echt. Bei Cowfunding zum Beispiel.

Beste Schwarzwaldgrüße schickt euch,
Annika

# Dies war ein Gastbeitrag für Cowfunding Freiburg