Nebenerwerbsbetriebe – die also weniger als 50% des Gesamteinkommens mit dem landwirtschaftlichen Betrieb erwirtschaften und einer weiteren Beschäftigung nachgehen – sind mittlerweile in der Überzahl. Die Menschen, die diesen Nebenerwerb betreiben, leisten nicht nur einen beruflichen Spagat. Von Haupterwerblern werden sie aber auch abwertend als „Hobby- oder Mondscheinbauern“ bezeichnet. Wenn man genauer hinschaut, sind sie jedoch ziemlich wichtig für unsere Region. Warum ist das so, habe ich mich gefragt – und wie kam es überhaupt dazu?
# Gastbeitrag für Cowfunding Freiburg
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann ab den 1950er Jahren eine drastische Veränderung der Landwirtschaft durch die Mechanisierung und den Einsatz von Mineraldüngern und Pflanzenschutzmitteln. Maschinen nahmen den Menschen die schwere körperliche Arbeit ab, immer weniger Landwirte erzeugten Nahrung für immer mehr Personen. Sinkende Erzeugerpreise bei steigenden Ausgaben brachten und bringen immer mehr Höfe in Schwierigkeiten, besonders zwischen 1990 und 1995 gaben viele von ihnen auf. Um fortbestehen zu können, muss die Produktion mit allen Mitteln gesteigert werden. Doch diese Überproduktion senkt wiederum die Preise – ein Teufelskreislauf. Wer nicht mithalten kann, ist raus aus dem Spiel, „wachse oder weiche“ – oder (vereinfacht gesagt) stelle um auf Nebenerwerb. „Nur mit Innovation und mehreren Standbeinen ist es heutzutage möglich, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu erhalten“, sagt zum Beispiel der Ospelehof bei Kirchzarten.
Wachse oder weiche?
Auch wenn oftmals belächelt, ist der „Feierabendbauer“ (oder die –bäuerin!) wichtig für unsere Schwarzwaldregion. Statt zu weichen, stellt der Landwirt um und sichert so nicht nur die eigene Existenz, sondern auch Arbeitsplätze, Kultur und Produktionsweisen. Da er die oft ungünstigen Hang- und Steillagen des Schwarzwalds weiter bewirtschaftet und offenhält, leistet er außerdem einen enormen Beitrag zur Erhaltung der Kulturlandschaft und der Biodiversität. Gäbe es diese typische Schwarzwälder Mischung aus offenen Wiesen und Wäldern nicht, blieben auch die Touristen aus – ein weiteres wichtiges Wirtschaftsstandbein der Region. Neben wirtschaftlichen Interessen nennt eine Studie übrigens noch ganz andere Gründe, warum sich Menschen für den Spagat zwischen arbeiten auf dem Hof und zusätzlichem Job entscheiden: Erhaltung der Familientradition, des Eigentums, aber auch Nähe zur Natur und gesunde Nahrungsmittelproduktion! Und ähnliches höre ich auch, wenn ich mich bei anderen LandwirtInnen umhöre.
Gemeinsam mit den Verbrauchern
Das alles funktioniert jedoch nur mit unserer Unterstützung als Konsumenten – oder wie Bernhard Dorer, dessen Buch „Wälderleben“ ich sehr empfehlen kann, schreibt: „In der landwirtschaftlichen Massenproduktion, der industriellen Landwirtschaft, haben wir im Schwarzwald keine Zukunft, wir haben sie nur in der uns Bergbauern vertrauten nachhaltigen Wirtschaftsweise. Unsere Aufgabe und Chance in der hiesigen Landwirtschaft wird weiterhin sein, gesunde Nahrungsmittel auf den Markt zu bringen und wohl eine der schönsten Landschaften Deutschlands zu erhalten. Aber wir haben nur dann eine Zukunft, wenn auch der Verbraucher die Qualität unserer nachhaltig produzierten Lebensmittel erkennt und sich für sie entscheidet.“
Die Landwirte von Cowfunding sind übrigens solche Nebenerwerbs-Landwirte. Also, worauf warten wir noch?!
Beste Schwarzwald-Grüße
von Annika
PS: Ihr möchtet mehr über das Thema erfahren? Hier bin auch ich fündig geworden:
Dorer, Bernhard (2012): Wälderleben. Geschichte und Geschichten der Landwirtschaft im Wandel der Zeit. Badischer Landwirtschaftsverlag.
Bundeszentrale für politische Bildung: Landwirtschaft und Entwicklung ländlicher Räume
agrar heute: Jeder deutsche Landwirt ernährt heute 133 Menschen