Heute: Weidefleisch

Je mehr ich mich mit Lebensmittelherkunft im Allgemeinen und artgerechter Haltung und Direktvermarktung im Speziellen beschäftige, desto interessanter wird es – aber desto mehr neue Begriffe tauchen da auch auf. Zum Beispiel: Weidefleisch. Weidefleisch klingt eigentlich ziemlich simpel. Fleisch von Tieren von der Weide halt. Der kleine Landidylliker in uns mag da nun denken: „Ja wo soll denn das Vieh sonst sein, als auf der Weide?“ Und: „Ist das dann sowas wie Biofleisch?“ Hier besteht Klärungsbedarf wurde mir und meinem kleinen Landidylliker im Ohr schnell klar – und so habe ich mich auf die Suche gemacht und bin auf noch mehr Fragen, aber auch Antworten gestoßen.

kuehe horizont

Kein Kraftfutter
Geschützt ist der Begriff Weidefleisch nicht, schreibt Felix Olschewski von Urgeschmack. Je nach Region und Art verbringen die Tiere, deren Fleisch später als Weidefleisch verzehrt wird, ihr Leben durchgehend im Freien auf der Weide. Sie fressen also ausschließlich Gras und erhalten vor allem kein zusätzliches Kraftfutter wie Soja und Getreide. Im Gegensatz dazu verbringen Tiere aus industrieller Intensivhaltung zumindest die letzten Wochen ihres Lebens zur Mast im Stall, oder werden ausschließlich dort gehalten. Entgegen ihrer Artgenossen auf der Weide, sind sie anfälliger für Krankheiten und Seuchen, weswegen der Einsatz von Antibiotika viel höher ist.

Bessere Nährstoffzusammensetzung
Und warum genau ist Weidefleisch gesünder? Durch den Wegfall von Kraftfutter ist die Zusammensetzung der Nährstoffe im Fleisch besser, das belegt auch das Omega 3 Weidefleischprojekt der Chiemgauer Naturfleisch GmbH . Das Fleisch enthält einen höheren Anteil an Omega-3-Fettsäuren sowie konjugierter Linolsäure (CLA), also mehr ungesättigte Fettsäuren. Da die Tiere gesünder leben und deswegen nur in Ausnahmefällen Antibiotika benötigen, ist das Weidefleisch frei von dessen Rückständen. Apropos gesund: Meine Gleichstellung von Weidefleisch mit Biofleisch war falsch, verrät mir Urgeschmack, denn: „Hinsichtlich Tierwohl und Ökologie übertrifft Weidefleisch die Bedingungen für Biofleisch bei Weitem.“ Weidefleisch kann aber auch ein Bio-Siegel tragen.

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Und im Winter?
Mit Blick in die Schwarzwälder Höhen stellte sich mir akut eine letzte Frage: Das Vieh steht also immer auf der Weide – auch im Winter? Auch im Schnee? Moriz, Initiator von Cowfunding-Freiburg, deren Fleisch Weidefleisch ist, konnte mir antworten: „Die Rinder kommen in der Regel im Winter in den Stall. Es gibt auch Ställe mit Winterauslauf – das finde ich persönlich am besten. Denn Kälte können die meisten Tiere ganz gut – allerdings nicht kalt und nass gleichzeitig. Im Stall bekommen sie dann das Heu und Silage vom Sommer – manche Landwirte geben manchmal etwas Kraftfutter bei.
Und Schafe? Jedes Mal, wenn ich auf dem Münstermarkt einkaufen gehe, sehe ich die Tafel „Weidelamm“ vor einem Verkaufswagen stehen, diesmal habe ich nachgefragt: Wintersaison gleich Stallsaison? „Nein“, weiß Frau Gerteiser der gleichnamigen Landmetzgerei aus Sölden mit hofeigener Schlachtung zu berichten, „unsere Tiere sind das ganze Jahr über draußen auf der Weide mit Unterstand, nur wenn gelammt wird, kommen die betreffenden Tiere in einen Offenstall.“ Leider wird Frau Gerteiser nicht gerne fotografiert, aber ihr schönes Weidelamm-Schild durfte ich vor die Linse nehmen.

Wer sich für Weidefleisch interessiert, der wird vor allem über die Direktvermarktung (s.o.) fündig. Wie eingangs erwähnt, ist der Begriff nicht geschützt, man sollte also genau nachfragen, wie das Tier gehalten wurde!

Beste Schwarzwaldgrüße,
eure Annika

PS: Es gibt übrigens natürlich auch Rinderarten, die das ganze Jahr über draußen gehalten werden können, z.B. Galloway- und Highland-Rinder. Die stammen aber ursprünglich aus Schottland und nicht aus dem Schwarzwald.